Insolvenz & Rezession: Der Zusammenbruch des europäischen Immobilienmarktes (Teil 1)


Die Immobilienmärkte stecken global in einer Krise – vor allem aber in Europa, und insbesondere in Österreich und in Deutschland. Ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Einstieg? Ein Zweiteiler.

Seit dem Ölpreisschock der 1980er-Jahre stand der europäische Immobilienmarkt nicht mehr so sehr unter Druck wie heute. Doch während man in manchen europäischen Ländern bereits auf Schnäppchenjagd geht, herrscht in Deutschland und Österreich ein Schrecken ohne Ende: Denn dort befinden sich die Märkte für Wohnimmobilien seit dem letzten Jahr im freien Fall.

So liegt der Preisverfall in Österreich auf einem Rekordwert von -10 Prozent im Jahresvergleich. In Deutschland ist es aber noch schlimmer: Denn hier implodiert regelrecht der Häusermarkt und liegt nun mit -15 Prozent auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1971.

Damit liegen sowohl Deutschland als auch Österreich deutlich unter dem europäischen Mittel von -6,7 Prozent im selben Zeitraum.

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Doch diese Zahlen sind bedeutungslos ohne den entsprechenden Kontext, also werfen wir einen Blick auf den internationalen Markt für Wohnimmobilien.

Eines vorweg: Um den Chart übersichtlicher zu gestalten, musste ich Länder wie Frankreich, Kanada, Schweden oder Australien leider weglassen – allerdings weisen deren Werte, im Vergleich mit den auf dem Chart abgebildeten Nationen, keine nennenswerten Abweichungen auf.

Der internationale Vergleich schockiert

Bereits auf dem ersten Blick wird deutlich, dass Länder wie Japan, Großbritannien oder die USA bislang besser abschneiden, als das europäische Mittel. Selbst das von der Immobilienkrise gebeutelte China schneidet immer noch besser ab als die Eurozone. Besonders spannend darauf zu sehen ist, dass Immobilienmärkte in den USA und China vorerst offenbar einen Boden erreicht zu haben scheinen- allerdings kann der Schein hier trügen. (Spoiler: Darauf komme ich im zweiten Teil nochmals zurück.)

Besonders spannend wird aber dieser Chart, wenn man die aktuellen Zahlen von Deutschland und Österreich darauf vermerkt und diese in einen historischen Kontext setzt: Dann wird nämlich deutlich, dass vor allem in Deutschland der Preisverfall auf einer Linie mit den beiden Wirtschaftskrisen der Jahre 2008 und 1975 liegt.

Während die Ereignisse rund um das Platzen der Subprime-Blase in den USA (2008) und der darauf folgenden schlimmsten Weltwirtschaftskrise seit der großen Depression bekannt sein dürften (und die ihren Ursprung im Übrigen im Platzen der Immobilienblase 2007/2008 fanden), war die Wirtschaftskrise in Japan und Großbritannien Mitte der 1970er-Jahre ein regionales Phänomen, dem der erste Ölpreisschock zwei Jahre zuvor vorausgegangen war.

Unterschiedliche Herangehensweisen

Nach einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von zwei Jahren in Folge, wurde das Vereinigte Königreich abschätzig als »der kranke Mann Europas« bezeichnet – eine frappierend heute an Deutschland erinnernde Bezeichnung (vgl. Handelsblatt, Capital). Der von der damaligen britischen Regierung eingelegte Sparkurs, empörte die Gewerkschaften, und ist noch bis heute am schlechten Zustand der britischen Infrastruktur spürbar. Historiker sind sich zudem einig, dass die Krise des Jahres 1976 ein entscheidender Faktor im Wahlsieg Margaret Thatchers war – und einen Wendepunkt in der Politik des Landes und seinen Umgang mit Gewerkschaften bedeutete.

Auch das ölhungrige Japan erlebte in Folge der Ölkrise einen deutlichen Rückgang der jährlichen Wachstumsraten von 11 Prozent (1955 – 1972) auf lediglich 4,8 Prozent (1975-1991). Nach heftiger Kritik wegen Straffung der Zinsen, schlug Japan Mitte der 70er-Jahre den entgegengesetzten Weg ein: So stieg bis 1979 die Verschuldung des Landes ums Zwölffache an – gemessen am Bruttoinlandsprodukt wurde Japan hinter Italien das am zweithöchsten verschuldete Land der G7. Eine zusätzliche Lockerung der Geldpolitik sorgte im Anschluss aber für den Boom der japanischen Hightech-Industrie: Bis zum Platzen der Blase im Jahr 1989 konnte der Nikkei-Index seinen Wert damals sogar auf fast das Zehnfache steigern.

Auch wenn sich die Herangehensweisen beider Länder deutlich voneinander unterschieden, erlebten im Anschluss sowohl der britische als auch der japanische Immobilienmarkt ein Wiederaufleben der Preise und (mit der Hightech-Industrie in Japan und dem Finanz- und Dienstleistungssektor in Großbritannien) einige spezifische Branchen auch einen noch nie da gewesenen Boom.

Selbst die USA erlebten nach dem spektakulären Platzen der Immobilienblase 2007/2008 vier Jahre später eine Erholung am Immobilienmarkt und befinden sich dank einer lockeren Geldpolitik der Fed und einer Rekordverschuldung der US-Regierung seit dem Jahr 2020 sogar in einem neuerlichen Boom.

Es liegt daher der Schluss nahe, dass dieses Beispiel auch im stark krisengebeutelten Deutschland und Österreich Schule machen könnte.


Im zweiten Teil werden diese offiziellen Daten einem Realitäts-Check unterworfen und um brandaktuelle Zahlen erweitert. Außerdem sehen wir uns die regionalen Unterschiede an und stellen die Frage, ob die bisherigen Erkenntnisse auch auf die Gewerbeimmobilienkrise umlegbar sind.

Übrigens…


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